21.3. – 24.5.2021,

a plotless horror movie: Holly Childs & Gediminas Žygus, Istanbul Queer Art Collective, Sarah Margnetti, Tabita Rezaire, Liv Schulman

, Museum Kurhaus Kleve

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a plotless horror movie

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Als ein Gefühl, das alles durchdrungen zu haben scheint, was früher alltäglich war, ist Unbehagen ein kulturell flüchtiges, gesellschaftlich schwer greifbares Gefühl. Mit Blick auf die bindenden Eigenschaften des Affekts lädt a plotless horror movie dazu ein, sich neugierig und kritisch mit dem Unbehagen auseinanderzusetzen. Ausgehend von der Geschichte des Museums Kurhaus Kleve und der umliegenden Gärten fragt die Ausstellung nach der historischen Dimension des Unbehagens und richtet den Blick auf dessen allgegenwärtige Präsenz, um das Unbehagen in seiner zeitlichen Gebunden- oder Ungebundenheit gleichermaßen als ein intimes Gefühl und als eine kollektive Situation zu erkunden. Die fünf Arbeiten, die für dieses Ausstellungsprojekt entstanden sind, umfassen eine Installation in den Salonräumen des Friedrich-Wilhelms-Bades und vier scores, Handlungsanweisungen, die im Audio- und Textformat allen Interessierten zur freien Verfügung gestellt werden. Diese können zum Nachdenken anregen, fürsorglich oder herausfordernd sein. Dabei können sie die Imagination befördern, zur Spekulation anregen und einladen, die je eigene Komfortzone zu verlassen – nicht zuletzt auch, um sich willentlich auf solche Momente des Unbehagens einzulassen, denen womöglich nicht sofortige Erleichterung folgt oder die einfache Lösungen in Aussicht stellen. Höchstwahrscheinlich werden sie, im besten Sinne, mehr Fragen aufwerfen als Antworten bieten – und uns ganz nebenbei das Museum Kurhaus Kleve und die umgebende Gartenlandschaft anders wahrnehmen lassen.

Kuratorinnen: Marie Sophie Beckmann und Julie Robiolle

Holly Childs ist Autorin und Künstlerin. In ihrer Forschung lässt sie computerbasierte Narrative durch die Filter der Ökologie, Poesie, Erde, Erinnerung und des Lichts laufen. Sie ist Autorin von zwei Büchern, No Limit (Hologramm) und Danklands (Arcadia Missa); und hat ihre Arbeiten in internationalen Institutionen präsentiert, darunter ICA (London), Stedelijk Museum (Amsterdam), Trust (Berlin), Elam School of Art (Auckland). Gediminas Žygus ist ein Künstler, der in den Bereichen Sound, Dokumentation und Performance arbeitet. Seine Praxis versammelt ein Spektrum von Einflüssen, die aus der Ökologie, Wissenschaftsforschung und Medientheorie stammen. Als J.G. Biberkopf haben seine Veröffentlichungen ein Zuhause auf den Musiklabels Knives und Danse Noire gefunden. Žygus ist unter anderem im Barbican Centre (London), Berghain (Berlin), Sonic Acts (Amsterdam) und Centre Pompidou (Paris) aufgetreten.

Istanbul Queer Art Collective (IQAC) wurde 2012 in Istanbul gegründet. Das Kollektiv beschäftigt sich seitdem mit Live-Performance – und zwar unter der Prämisse, dass sowohl die Video- und Fotodokumentation der Performance als auch die verwendeten Requisiten und die während der Aufführung produzierten Objekte Kunstformen für sich sind. Das Kollektiv hat derzeit seinen Sitz in London und besteht aus den beiden Gründungsmitgliedern Tuna Erdem und Seda Ergul, die fest an das glauben, was Jack Halberstam die „queere Kunst des Scheiterns“ nennt und was Renate Lorenz als „radical drag“ bezeichnet. IQAC tritt überall auf, von Kunstgalerien bis hin zu öffentlichen Räumen, von wilder Natur bis zu Kabarettbühnen. Manchmal für ein Live-Publikum, manchmal für ahnungslose Passant:innen und manchmal für die Kamera. Ihre Performances reichen von durational performances bis zu intimen Situationen und können sich auch in andere Formen wie Klangkunst oder Installation verwandeln und reenactments oder remakes umfassen, wobei der Schwerpunkt auf dem Erzählen von Geschichten liegt.

Malerei auf Leinwand, Wandbilder, textile Drapierungen, Körperteile als Protagonisten der Kompositionen und das Trompe l'oeil sind die für Sarah Margnettis Praxis charakteristischen Elemente. Ihr Interesse an der Trompe-l'oeil-Technik verdankt die Künstlerin ihrer Ausbildung in dekorativer Malerei, in der sie sich auf die Imitation von Holz und Marmor spezialisiert hat. In ihrer Arbeit ist der Illusionismus jedoch kein Selbstzweck. Es geht nicht darum, den Menschen eine naturalistische Realität vorzugaukeln, sondern vielmehr darum, einen visuellen Bezug zu einer künstlerischen Tradition herzustellen, um die Konditionierung des Blicks auf soziale und kulturelle Normen zu hinterfragen. Konkret evozieren Körperteile, oft explizit weiblich, in ihren Arbeiten die historische Rolle der Kunst oder der Dekoration bei der Unterwerfung und Reduktion des Körpers auf den Zustand eines Objekts. Sarah Margnetti ist oft ihr eigenes Modell. Es ist ihr eigener Körper, den sie beobachtet und ausstellt, indem sie ihn fragmentarisch in seinen Einzelteilen reproduziert. So übernimmt sie die Kontrolle über ihr Bild und meistert den Grad der Zurschaustellung in einem Versteckspiel mit den Elementen des Dekors.

Tabita Rezaire ist Unendlichkeit, inkarniert in eine Mittlerin der Heilung, die Kunst als Möglichkeit zur Entfaltung der Seele einsetzt. Ihre dimensionsübergreifenden Praktiken sehen die Netzwerkwissenschaften – organisch, elektronisch und spirituell – als heilende Technologien, die dem Wandel hin zu einem Bewusstsein des Herzens dienen. Indem sie das digitale, körperliche und ererbte Gedächtnis als Orte der Resilienz erforscht, gräbt sie in wissenschaftlichen Imaginationen, um die allgegenwärtige Matrix der Kolonialität und die Protokolle der energetischen Fehlausrichtungen anzugehen, die die Lieder unseres Körper-Geist-Geistes beeinflussen. Inspiriert von der Quanten- und kosmischen Mechanik ist Tabitas Arbeit in Zeiträumen verwurzelt, in denen sich Technologie und Spiritualität als fruchtbarer Boden kreuzen, um Visionen von Verbindung und Emanzipation zu nähren. Durch Bildschirmoberflächen und kollektive Darbringungen erinnert sie uns daran, uns gegenseitig, die Erde und die Geister zu nähren und direkt von der Quelle herunterzuladen. Tabita lebt in Cayenne, Französisch-Guayana. Sie hat einen Bachelor in Wirtschaft (FR) und einen Master of Research in Artist Moving Image von Central Saint Martins (UK). Tabita ist Gründungsmitglied der Künstlergruppe NTU und die Hälfte des Duos Malaxa. Zurzeit gebiert sie AMAKABA, ihre Vision für ein Heilzentrum im Amazonaswald von Französisch-Guayana.

Liv Schulman (geb. 1985 in Paris) ist eine in Buenos Aires aufgewachsene Filmemacherin, Performancekünstlerin und Autorin. Sie erschafft von krankhaftem Rededrang befallene Charaktere und Kollektive und greift dabei auf eine Vielzahl von Quellen zurück, um die Affekte und Phantasmen zu nachzubilden, die die heutige neoliberale Wirtschaft beherrschen. Sie lebt in Paris.

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Die Ausstellung wird gefördert durch: